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GEBIRGE UND WÜSTEN ZUM LEUCHTEN GEBRACHT

Letzte Ausfahrt Jupiter: Zu galaktischen Reisen, wie sie sonst nur die Logik des Traumes bereit hält, hebt die Bilderschau des Österreichers Wolfgang Sinwel ab. In der Nachfolge der großen Weltumsegler zu Beginn der Neuzeit erforschen die Besucher die Grünwalder Galerie von Thomas Hettlage unerforschte Kontinente, tauchen ab in halb realistische, halb mystische Wasserwelten.

Es sind Orte der Täuschungen und der Visionen mit wuchernden Pflanzen und Geschichten. Die Schauplätze befinden sich im Himmel und auf Erden, in weiten Wüstenlandschaften und den Menschen kommt höchstens eine singuläre Rolle zu.

Gegenwärtig sind Mann und Frau allenfalls als unsichtbare Relikte einer zeitlosen Vergangenheit Sie definieren sich allenfalls durch melancholische Monumente. Der romantische Spurensucher stößt auf gewaltige Terrassen, endlose Wüsten, und der Horizont hat sich hinter nebulöser Unkenntlichkeit verborgen. Der 49-jährige Wiener gewährt einen himmelstürmenden Blick in die Unendlichkeit und er gibt sich einer kühnen und hochfahrenden Ästhetik hin, die sich zu atemberaubenden Tableaus formt. Thomas Hettlage verweist überzeugend auf die Bildersprache des genialen Filmemachers Stanley Kubrick, dessen 'Odyssee im Weltraum' ebenfalls auf eine entmenschlichte Zukunft, vielleicht auch Vergangenheit, verweist. Was war, was wird sein, was ist?

Und so definieren sich auch bei Wolfgang Sinwel die uralten Fragen, denen sich jeder Künstler stellen muss. Was für Geheimnisse verbergen sich hinter einem kaum mehr wahrnehmbaren Horizont, wie weit reicht überhaupt unsere Vorstellungskraft, unsere Imagination? Rätsel, die der Maler mit einer virtuosen Lasurtechnik vergegenständlicht und sie mit einer oft distanziert spielerischen Weltsicht verknüpft. Der Unterton der Einsamkeit, ja des Unheimlichen ist nicht zu überhören, geschweige zu übersehen.

Die Werke des Landschaftsmalers schmücken sich mit einer märchenhaften Farbenpracht, die aus edelstem Brokat geschneidert zu sein scheint. Er bringt somit Gebirge und Wüsten zum Leuchten. Die Besucher aber beginnen zu fliegen, lösen Naturgesetze auf und schweben über ein ruhevolles Universum aus Licht, Formen und einem unterirdischen Licht.

Ganz enthüllt der Meister das Rätsel seiner Komposition nicht. Träumt da einer von einer bedingungslosen Freiheit, die sich erst in der Einsamkeit erschließt? Oder gibt es den magischen Schlüssel? Getreu dem Ausstellungsmotto hat Sinwel 'seine Seele aus der Hand gelassen', und sein Publikum möge ihm dabei folgen. 'Zwei Lerchen nun aufsteigend nachträumend in die Luft'. Dieser sich von aller Erdenschwere abhebende Ton eines Gedichts von Josef von Eichendorff gibt auch die Ruhe von Wolfgang Sinwels Bildern sinngemäß wieder.



 
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