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In seiner Inhaltlichkeit ist diese Arbeit meinem Arbeitsthema himmelhoch/erdentief zuzuordnen.

Dabei hält die Suche nach der imaginären Grenze zwischen den Bereichen sinnlicher und intellektueller Wahrnehmung die Entwicklung der Arbeit ständig in Bewegung. Was daraus entsteht, ist ein Gemälde, das es auf eigenartige Weise schafft, Polaritäten zu vereinen und das Gefühl zu vermitteln, der Kosmos sei Ur(mal)grund des Bildes.

Was ist beim ersten Ansichtigwerden des Bildes wahrnehmbar? Von oben beginnend scheint sich eine weite Landschaft mit hochliegendem Horizont in den Bildraum auszubreiten. Wandert der Blick schrittweise nach unten, ändert sich diese Illusion grundlegend, scheint eine grobe flächige Struktur die Oberhand zu gewinnen. Räumlichkeit fehlt, doch ist die Assoziation zu Satellitenaufnahmen nicht von der Hand zu weisen. Noch weiter nach unten gehend, erscheint neuerlich eine Landschaftsabbildung, die durch ihre klare Abgrenzung mit Schattenwurf deutlich als Bild zu identifizieren ist, welches der angesprochenen Flächenstruktur parallel vorgelagert ist. Die Horizontanordnung vom oberen Bildrand wiederholt sich, doch ist diesmal die räumliche Suggestivkraft um einiges gesteigert. Auch hier verliert sich der Vordergrund, wird aber durch den klaren Bildrand zusammengehalten.

Der Bildaufbau kommt einem Pulsieren nahe. Gegenständlichkeit kommt und geht, klare Zeichnung wechselt mit Auflösung, die große Struktur wird von Kleinteiligkeit abgelöst, man vermeint, in die Tiefe eindringen zu können, hat aber unvermittelt eine Wand vor sich.

Und doch sind diese wechselhaften Eindrücke als ineinander verwoben und voneinander bedingt zu erfassen. Die Grenzlinie ist nicht mehr auszumachen, das Ausscheren nach beiden Richtungen bringt weitere Assoziationen ins Spiel. Der Horizont wird zur Metapher unseres vergeistigten Gesichtskreises, zur Einladung, all das Dahinterliegende in uns entstehen zu lassen. Die Basisstruktur erweist sich als Chamäleon. Will hier der Mikro- oder der Makrokosmos angesprochen werden. Ist es ein Innen oder Aussen. Handelt es sich um eine tragende Schicht oder lässt sie uns ohne Vorwarnung durchfallen.

Die Annahme, es handle sich dabei um die Vielschichtigkeit irdischen Lebens, wird erst dann schlüssig, wenn das bewusste Erkennen der äußeren Perspektive mit intuitivem Erfassen innerer Reaktion in Einklang kommt.

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im grenzbereich der wahrnehmung 1994
Öl auf Molino, Format 460x300 cm
Auftragsarbeit für die Bernhauser Bank, Filderstadt/D
 
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